Leo-1 Zwerggalaxie (PGC 29488, UGC 5470)

Was ist das für ein diffuser Fleck nahe Regulus, dem Hauptstern im Sternbild Löwe? Nein - das dachte sich kein berühmter Entdeckter hinter seinem Teleskop, sondern ich, als ich nach interessanten Deep-Sky Objekten zur Astrofotgrafie rund um das Sternbild Löwe suchte. Dazu benutzte ich die Planetarium-Software Stellarium. Der war mir weder am Teleskop noch am Computer zuvor so aufgefallen. Doch bei dem eingeblendeten diffusen Fleck war keine Katalogmarkierung zu sehen, obwohl es sich um ein recht ausgedehntes und auffälliges Objekt handeln musste.

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Bilddaten: Leo-1 Zwerggalaxie, PGC24988, Teleskop Skopos f=560x0,8=448mm @f/5.6, Camera Atik 460EXM, 14/26/24/46x300s LRGB

Kurze Recherche klärte auf, dass die Zwerggalaxie Leo 1 zumindest keine Einträge im weithin bekannten Messier Katalog,im Dreyer'schen NGC Katalog (New General Catalogue) oder IC Katalog ("Index Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars", spätere Erweiterungen des NGC Katalogs in den Jahren 1895 und 1908) trägt, sondern nur im "Principle Galaxy Catalogue" die unauffällige Bezeichnung "PGC 29488" erhalten hat. Diesen Katalog dürften allerdings die wenigsten Hobby-Astronomen regelmäßig als Overlay gewählt haben in einem Planetarium-Programm. Also: die Neugierde auf diese Objekt war geweckt.


Im obigen Bild, das mit einem Refraktor mit 80mm Öffnung und einer Brennweite von 560mm und einer Belichtungszeit von 9h10min entstand, sind einige Sterne von Leo I nur gerade so aufgelöst erkennbar. Bei Leo I handelt es sich um eine sphärisch/elliptische Zwerggalaxie, die etwa 820 000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt die Milchstraße als Trabant begleitet. Sie steht von der Erde aus gesehen nur 12 Bogenminuten neben Regulus, der selbst "nur" ca. 79 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt ist. Leo I ist mit einer Winkelausdehnung von ca. 10x7,5 Bogenminuten mit ca. 11,2mag extrem leuchtschwach, was die Beobachtung in der Nähe des im Vergleich sehr hell erscheinenden Regulus (1.36mag) die Beobachtung bzw. Fotografie sehr erschwert. Die Galaxie wurde erst 1950 durch Albert George Wilson auf Fotoplatten der Durchmusterung des Palomar Observatory Sky Survey entdeckt. Die Galaxie wird manchmal auch als Regulus Zwerg bezeichnet. Dessen Masse ist nach bisherigen Messungen immerhin 2,0 +/- 1,0 * 10^7 Sonnenmassen (Milchstraße ca. 1,5 10^12 Sonnenmassen inkl. dunkler Materie). Die Anzahl der Sterne in Leo I wird auf ca. 10 Millionen geschätzt (Milchstraße: 100-400 Milliarden). Es konnte nachgewiesen werden, dass Leo I nicht rotiert. Eine Studie zur Kinematik ergab das Ergebnis, dass sich im Zentrum von Leo I mit relativ hoher Sicherheit ein schwarzes Loch mit der im Vergleich zu Galaxie selbst erheblichen Masse von drei Millionen Sonnenmassen befindet - das ist eine Masse die mit dem schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße, Sagittarius A (ca. 4,15 Mio. Sonnenmassen), vergleichbar ist.


Woher stammt nur Leo I? Diese Frage lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Eine Hypothese ist, dass es sich um sog. Gezeitentrümmer handelt, d.h. Überreste aus einer vorangegangenen Verschmelzung bzw. Kollision einer Galaxie mit der Milchstraße.


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Leo-1 Ausschnittvergrößerung


Leo I weist eine für Zwerggalaxien typische, niedrige Metallizität auf. Metallizität im Kontext der Astronomie meint abweichend vom chemischen Begriff der Metalle keine Elemente der Metalle, sondern Elemente ab Kohlenstoff - also ab einer Kernladungszahl von sechs. Wenn die Sterne in Leo I eine niedrige Metallizität aufweisen, bedeutet dies, dass die Sternentstehung dort vergleichsweise langsam abläuft, weil schwerere Elemente in sonst zuvor schon vergangenen Sterngenerationen hätten entstehen müssen. Eine niedrige Metallizität bedeutet also, dass die Sterne in Leo I eher alt sind im Vergleich zu Sonne und dass in Leo I keine schnelle Sternentstehung stattfand in der Vergangenheit.


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Leo-1 Zwerggalaxie, PGC24988, mit Beschriftungen

Zur Bildentstehung: Im März 2022 stellte sich Anfang des Monats eine Schönwetterphase ein bei abnehmendem Mond und nahe Neumond. Diese Zeit nutzte ich, um mehrere Nächte hinweg nahe am Zenit vorüberziehende Objekte über den Verlauf der jeweiligen Nacht hinweg nacheinander belichtete (den sich langsam vom Winterhimmel verabschiedenden Rosettennebel NGC 2237, die Zwerggalaxie Leo1, den offenen Sternhaufen M67 und die Wal- und Hockeyschläger Galaxien). Kein Objekt ließ es zu, während einer Nacht alleine genügend Belichtungszeit zu sammeln, so dass per Scheduler während der Nacht jeweils von West nach Ost auf das jeweils nächste Objekt umgeschwenkt wurde.


Aufnahmedaten:
  • Refraktor f=560mm f/7 mit Reducer 0.8 auf f=448mm f/5.6

  • Kamera Atik 460Exm mit Baader LRGB

  • Belichtungszeiten
    • 14x300s L

    • 26x300s R

    • 24x300s G

    • 46x300s B

  • insgesamt: 9h 10min

  • Datum: 07-09.03.2022

  • Ort: Bad Kreuznach / Deutschland

  • Montierung Vixen GPD2 mit Boxdörfer Steuerung

  • Guiding und Aufnahmesteuerung mit INDI / PHD2 / CCDCiel unter Linux

  • Bildbearbeitung mit PixInsight und Darktable


Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Leo-I-Zwerggalaxie https://en.wikipedia.org/wiki/Leo_I_(dwarf_galaxy) https://de.wikipedia.org/wiki/Regulus_(Stern)